Velvet Two Stripes: Drei Schweizerinnen verpassen dem Rock’n’Roll eine Frischzellenkur!

Das ist: Online & Presse & Radio vom 22. Februar 2017
Velvet Two Stripes: Drei Schweizerinnen verpassen dem Rock’n’Roll eine Frischzellenkur!

Vielleicht muss man vor allem Jack White danken. Dafür, dass er den Geist des Blues Rock in den vergangenen 15 Jahren so erfolgreich in der Gegenwart verankert hat – und damit den Beweis angetreten ist, dass die älteste aller Rockmusikarten noch immer Relevanz hat. White hat den Boden für Bands bereitet wie The Kills, Yeah Yeah Yeahs und Deap Vally. Allesamt Bands übrigens mit charismatischen Frauen an der Spitze, alles Bands, die zwischen Garage, Blues, Fuzz Rock und Riot-Grrrl-Punk ein Gebiet erobert haben, auf dem kürzlich eine neue, aufregende Band ihren verbeulten Van geparkt hat: Velvet Two Stripes.

Ausgerechnet St. Gallen. Wo Katholizismus, Banken, Versicherungen und eine Stickerei Hand in Hand gehen, hat sich 2011 eine Band gegründet, die Riot-Grrrl-Punk, Blues und Garage Rock zusammendenkt. Die halbschwedischen Schwestern Diggelmann, Sophie und Sara, mit 25 die Bandälteste, und Bassistin Franca Mock kommen aus St. Gallen, leben in Zürich und machen Musik, seit sie zwölf Jahre alt sind. Von den Eltern haben sie musikalische Eindrücke mitbekommen, haben sich mit Eric Clapton, Crosby, Stills, Nash & Young und altem Blues auseinandergesetzt. Der Rest kommt mit der Garage-Rock-Welle, die The White Stripes und The Strokes Anfang der 00er Jahre lostreten. Dann sind sie bereit für die eigene Band. Und was für eine! Endlich eine Band aus Europa, die es mit den Großen der Szene aufnehmen kann, die den Jungs die Garage streitig macht und zeigt, dass auch junge Frauen einen Sinn für den Blues haben – und Männerdomänen sowieso nur dafür da sind, um in Schutt und Asche gelegt zu werden.

2014 erscheint das erste Album der jungen Frauen. Überraschend reif, bluesy und immer, wenn die Drum-Machine pulsiert, nicht so weit von The Kills entfernt. Auf der nun im März 2017 erscheinenden EP „Got Me Good“ wächst die Band weiter zusammen. Für das Schlagzeug haben sie den mit Jazz geschulten Carlo Caduff engagiert. Produzent Tim Tautorat (Turbostaat, The Kooks u.a.) hat die fünf Songs in den Hansa Studios in Berlin aufgenommen, das Mastering hat Pete Lyman (Black Rebel Motorcycle Club, No Age, Male Bonding, Rival Sons) in LA übernommen. Die Stücke klingen breit, satt, krachig und abwechslungsreich.

„Hey Boy“ hat einen gleich am Haken. Aber darum geht es ja auch in dem Stück: Jemandem total und unwiderruflich verfallen zu sein. Alles oder nichts. Es ist eine etwas andere Art von Liebeslied. Eines, das auf die Tanzfläche drängt, während Sophies Stimme kratzt und in der Mitte noch Platz ist für eine 70s-Orgel. Im krachigen Titelsong „Got Me Good“ steht jemand unter dem Bann einer Person, die ihr nicht gut tut. Dominiert wird das Stück von einer satten Fuzz-Gitarre, dickem Solo und stampfendem Schlagzeug. Der wahre Blues regiert in „Your Love“. Aussichtslosigkeit ist die Grundstimmung. Wäre der Text fröhlich, wäre es ja kein echter Blues. Der Song schleppt sich fast mühsam und unheimlich dräuend, um am Ende doch noch auszubrechen. „Devil Dance“ schließt wieder an „Got Me Good“ an. Knackige drei Minuten geht der Teufelstanz, die Drums ballern und man lässt sich gerne vom Gehörnten ins Verderben locken. Mit Plastic endet die EP „on a high note“. Sara spielt eine verwegene Slide-Gitarre, die Orgel taucht wieder auf, zusätzliche Percussion und eine erstaunliche Dramaturgie, die die fünf Minuten zu einem echten Ritt machen. Es dreht sich um „ das Verlangen nach mehr. Mehr Substanz, mehr Eigenständigkeit und mehr Freiheit.“ Mit dieser EP haben Velvet Two Stripes genau das erreicht.

Velvet Two Stripes haben bereits Shows auf führenden Showcase-Festivals wie The Great Escape, Transmusicales und dem Reeperbahn Festival gespielt, haben den Support für etwa The Kooks und Brody Dalle übernommen. Letztere war übrigens derart angetan, dass sie die Band am liebsten auf ihrer kompletten Europatour mitgenommen hätte. Ab jetzt bringen Velvet Two Stripes ihre EP auf die Bühne, touren, spielen Festivals und gehen 2017 das zweite Album an.

Wer sich gerne Live eine Schelle von den Schweizerinnen abholen möchte, kann dies bei den folgenden Daten machen:

31.03. CH-St. Gallen – Palace (Release Party)
18.04. München – Villa
19.04. Berlin – Maze
20.04. Köln – Sonic Ballroom
21.04. Hamburg – Pooca Bar


Velvet Two Stripes:
Got Me Good
31.03.2017
Snowhite Records / Rough Trade
Webseite / Facebook