Drei sind ne Band: Barrenstein sind „Undercover in Moskau“

Das ist: Online & Presse vom 27. Juli 2017
Drei sind ne Band: Barrenstein sind „Undercover in Moskau“

Drei Typen, Gitarre, Bass, Schlagzeug. Barrenstein drücken den roten Knopf, mehr Explosion geht kaum noch. So kann eine Rockband mit schlauen deutschen Texten tatsächlich klingen? So viel Wow war lange nicht mehr…

Wir sind geplättet, wie frisch man auch im Jahre 2017 noch in der klassischen Dreier-Besetzung klingen kann, fernab von Klischees und peinlichen Deutsch-Plattitüden.

Kostprobe gefällig? Das Video zur neuen Single „Foto“ von der heute erscheinenden EP „Undercover in Moskau“ ist ab jetzt zu sehen.

Und da wir es nicht ansatzweise so wunderbar ausdrücken können, wir der geschätzte Linus Volkmann, übergeben wir ihm das Mikrofon:

Hey, nichts gegen üppige Big Bands in Rock: Sechs Leute – mindestens! Natürlich noch ergänzt um ein paar schlecht frisierte Mucker-Profis für die Bläsersektion, die alle paar Stücke die Bühne so richtig voll machen. Kann man alles bringen, doch letztlich geht nichts über drei Musiker. Drei, die kleinste denkbare Rockband-Unit, das Nirvana-Prinzip. Damit das funktioniert, muss sich die Band (nicht nur) live blind verstehen – und brennen wie Benzin. Barrenstein in Flammen. Klingt energetisch? Ist es halt auch.

Wobei allerdings der Verweis auf Nirvana eine Unschärfe besitzt, die nicht wirklich hilft, dieser Band auf die Spur zu kommen – selbst wenn Barrenstein auch mit Macht das Gitarrensolo wieder auf die Landkarte bringen. Man sollte sich aber viel eher das Video zu „Telefon“ anschauen, dann gerät man ganz von selbst auf passendere Fährten, sieht sich erinnert an The Jam und deren Über-Klassiker „Goin‘ Underground“. Und kommt so zumindest dem Panorama, das diese Story hier aufmacht, etwas näher. Sänger Max muss grinsen, wenn er der notorischen Verweishuberei eines Bandinfos einen Knochen hinwerfen soll und sagt: „Barrenstein klingt vielleicht… wie ein Mix aus den Kinks, Motörhead und Tocotronic“. Was scheint wie aus der Hüfte geschossen, ist aber alles andere als eine Verlegenheitsaussage. Knallende Riffs stehen für die Musik der Kinks, Motörhead besitzen diese trockene Härte sowie den singenden Bassisten und Tocotronic texten auf Deutsch irgendwo zwischen Phantasma und Präzision – das alles findet man auch bei Barrenstein wieder, lange suchen muss hier niemand.

Verschlungenere Pfade indes taten sich beim Zusammenfinden von Julius, Tim, Max auf, eine mittlere Deutschlandreise ist ein Spaziergang dagegen. Von Wuppertal über Köln, Osnabrück bis nach Hamburg und wieder zurück nach Köln ging und geht es. Hauptbahnhof-Hopping spielt also in jedem Fall eine Rolle in dieser besonderen Konstellation, die sogar kurz beim geschichtsträchtigen Popkurs an der Elbe Station machte.

Fast Forward: Ein paar wenige Jahre geht das nun alles schon, aber jetzt wird es ernst. Dass es dafür an der Zeit ist, spürt man schon beim ersten Anschlag der Gitarre: Hier präsentiert sich eben nicht der nächste deutsche Rockpop-Act, der den Hörer beflissen in seine schmale Welt aus sterilen Gitarren und Jammerlyrik einladen möchte. Barrenstein halten sich an keiner Stelle auf mit Floskeln – nicht musikalisch noch in den Texten. Das Stück „Neue deutsche Einsamkeit“ ist eine Ansage – eine, die sich aber nie in Plattitüden zu verstricken weiß, schließlich geht es den Dreien nicht um die neue deutsche Eindeutigkeit. Man muss schon wach sein, um sich zusammen zu puzzeln, was es zum Beispiel mit einem Song wie „Undercover in Moskau“ auf sich hat. Homosexualität in totalitären Lebensumständen? Der Schluss liegt nahe, ziehen muss man diesen und andere aber schon noch selbst. Barrenstein wirbeln den Staub auf, doch niemand wird vor vollendete Tatsachen gestellt, dafür ist die Band einfach zu smart.

Besonders spannend wird dieses Prinzip, wenn es sich über brave Kategorie wie Liebeslieder stülpt. Die klingen bei Barrenstein frisch, neu bis hin zu kantig, eben als wäre man wirklich wieder verknallt – und in heillosen Schwierigkeiten deshalb. „Als ich dich geküsst hab, hab ich’s so gemeint“, in Zeilen wie diesen offenbaren sich Leidenschaft genauso wie Abgründe, in den Songs dazu wird all die gefällige Langeweile aus den aktuellen Charts einfach ausgelöscht.

Die Texte sind das Ding von Max, die Stücke bringt die Band letztlich gemeinsam in Form. Ach ja, und Max‘ Nachname lautet übrigens… Barrenstein. Doch das soll keine falschen Fährten legen, Barrenstein ist nur der klangvolle Name, den dieses Projekt übergestreift hat – es ist kein Solo-Ding, es ist eine Band Band Band. Und wie die wirklich guten Bands stellt sie dabei mehr als nur die Summe der einzelnen Teile dar.

Eine kleine Handvoll live eingespielter Songs eröffnen nun die Geschichte. Es sind Songs, denen man in ihrer Dringlichkeit anhört, dass da noch weit mehr brodelt. Exakt so verhält es sich dann auch: Barrenstein sitzen auf glühenden Kohlen in Form von einer ganzen Reihe weiterer Stücke. Ein Album wird nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen, vorher wird aber erst noch der Tourbus wund gespielt.
Hier und jetzt nimmt etwas seinen Anfang.
Etwas, das man nicht verpassen sollte. Mein gut gemeinter Rat zu einer unglaublichen Band.

Was sollen wir da noch hinzufügen 🙂


Barrenstein:
Undercover in Moskau
14.07.2017
Freudenhaus Recordings
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