Konsumkritik vs. eigenes Verhalten. MESSINA legen mit ihrer neuen Single „Barcelona“ den Finger in die Wunde.
Mit dem Zeigefinger auf andere zu zeigen und zeitgeistgerechte Konsumkritik zu üben, ist immer leicht. Schmerzhaft wird es immer erst, wenn man beginnt vor der eigenen Türe zu kehren. Und sich einzugestehen, dass die eigene Doppelmoral manchmal schon hinter der nächsten Ecke lauert und die eigenen Verdrängungsmechanismen selbst bei aufgeklärten Menschen der modernen Wohlstandsgesellschaft oftmals hervorragend funktionieren. Auf dem neuen iPhone empört den Bericht über die widrigen Umstände bei der Beschaffung von selten Erden teilen. Oder den nachhaltigen Fair Trade- und Bioprodukt-Konsum missionarisch anpreisen und am Wochenende Koks aus der garantiert nicht menschenfreundlichen Wertschöpfungskette durch den Rüssel ziehen. Kaum jemand ist in der Lage, sich davon frei zu sprechen, Weak Spots zu haben und durch das System, was nun mal auf der Welt herrscht, auch negative und wenig nachhaltige Vorgänge bewusst oder unbewusst zu befeuern.
Genau darum geht es in der neuen Single „Barcelona“ der Schweizer Band MESSINA. Hierin formulieren die vier Wintherthurer sehr spitz das Dilemma:
Zwei Wochen kalt in Zürich, also besser nach Barcelona. Instastory «Vitamin Sea». Das Cocktail-Schirmchen schützt den Caipirinha vor den Tränen derer, denen es schlechter geht. Pech gehabt.
Die Meldungen über Klimawandel, Rechtsrutsch und soziale Ungerechtigkeit lassen sich immer irgendwie ignorieren. Einfach weiterscrollen.
„Das vergangene Jahr hat uns das richtige Verhalten aufgezwungen. Trotzdem wird sich wahrscheinlich vieles nicht ändern“, sagt Sänger Raphael Weidmann. Kurzstreckenflüge bleiben der schnellste Weg ins Paradies und sind bald wohl wieder so normal wie Essen im Restaurant.
Der feine Unterschied zwischen MESSINA und Pop-Up-Konsumkritik liegt in der Selbstreflexion. „Geht mein persönlicher Spaß vor oder die Gesellschaft?“, fragt Weidmann. „Wir kennen alle die richtige Antwort und trotzdem ändern viele nichts oder wenig.“
MESSINA haben mit zukunftsorientiertem, sehr elektronischem Pop ihren Sound gefunden. Bei „Barcelona“ erinnern die trocken abgehackten Rhythmen, die südländische Percussion und die schrillen Synthies an Bilderbuch, die kantigeren Sounds an Foals aus England.
„Barcelona“ ist nach dem zerbrechlichen „Iced Lilac“ und dem lethargisch pumpenden „Capri Song“ der dritte Vorbote des für Herbst 2021 angekündigte Debüt’s der Band aus Winterthur.
Zu jedem neuen Song gründen MESSINA fiktive Brands, die im Zentrum des visuellen Konzepts stehen. Zu „Barcelona“ ist es die Fluggesellschaft Vela Airline, die das Musikvideo prägt. Auch auf dem Cover ist die Fantasiemarke vertreten: Als Sponsor auf dem eigens designten Concept-Car. Ein erfundener Sponsor, auf einem nur digitalen Auto in einer fiktiven Konsumwelt. Mit dem Album folgt ein interaktives Browser-Game, basierend auf Produkten der erfundenen Brands und dem Concept-Car.
Wegen Corona gibt es statt Konzerten zu jedem neuen MESSINA-Song ein Kunstwerk. Inspiriert von „Barcelona“ schuf der aufkommende Künstler Luca Harlacher ein grossflächiges Gemälde: Eine strahlende Welt aus lieblichen, bunten Elementen, die ineinanderfliessen und den Betrachter durch ihre Fülle schnell überfordern.
MESSINA:
Barcelona
Lauter Musik
VÖ: 30.04.2021
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