Wir lieben diesen jungen Engländer bereits – und ihr werdet es auch bald!

Das ist: Kategorien & News & Online & Presse & Radio vom 9. Juli 2018
Wir lieben diesen jungen Engländer bereits – und ihr werdet es auch bald!

Es gibt immer wieder Künstler, die tauchen gefühlt aus dem Nichts auf und sind dann schon so „fertig“, so „perfekt“, dass man es kaum glauben kann.

TedLo ist so ein Kandidat. Natürlich ist er kein völlig unbeschriebenes Blatt, dennoch dürfe es das erste Mal sein, dass er in der hiesigen Wahrnehmung auftaucht. Dafür umso schillernder, umso mitreißender.

Als 20-jähriger arbeitete der junge Engländer Ted Griggs alias Ted Zed in erster Linie digital. Jetzt, Mitte 20 und als TedLo, geht er einen Schritt weiter und baut auch seinen Instrumentenpark um: Dadurch, dass das Analoge mittlerweile ein gleichberechtigter Teil der Musik geworden ist, finden die Songs plötzlich ganz schön weit oben im Game statt. TedLo ist kein Produzent, der Platten veröffentlicht. Er schreibt heute die allermeisten seiner Songs auf der Akustikgitarre, baut sie Schritt für Schritt auf. Er ist ein Künstler, der absolute Kontrolle über jeden Aspekt seiner Musik besitzt. So entstehen Songs, die ohne Weiteres mit den Großen des Genres mithalten kann. Namen, die einen bei den Sounds von TedLo durch den Kopf wandern: Beck, Flaming Lips, Foxygen, vielleicht auch der große Todd Rundgren.

In seinen Songs erzählt er uns Geschichten. Er hinterfragt Klischees, pariert sie mit Witz. Als bestes Beispiel mag da die aller erste Single „Lemonade“ dienen: Die unerträgliche Binsenweisheit von der Limonade, die man herstellen solle, wenn einem jemand Zitronen gibt (Unter uns: Das ist Blödsinn, man bräuchte zusätzlich Zucker, und den bekommt man nie in die Hand gedrückt) kehrt er geschickt in ihr Gegenteil um und schafft so einen Ohrwurm, der eigenartig zeitlos daherkommt. Ist das vielleicht Glamrock, ca. 1973? Aber wieso liegt dann da hinten dieser zarte Beat, der total nach heute klingt? Und was für freudvollen Unsinn stellen eigentlich die Analog-Synthies an? Fragen, die noch mehr Wucht entfalten, wenn man das zugehörige Video betrachtet, das an gutes, altes Musikfernsehen der „Top Of The Pops“-Schule erinnert und das, soviel sei schon jetzt verraten, Teil einer umfänglicheren Serie ist! Na, neugierig? Zurecht!

Das Video zu „Lemonade“ gibt es ab sofort hier zusehen.


Info:

„Ain’t No Sunshine“ ist keine Nummer, die sich eben mal so wegsingt. Man braucht eine geeignete Stimme dafür und ein gewisses Verständnis für den richtigen Groove. Als Edward (Ted) Griggs neun oder zehn Jahre jung war, wusste er nicht viel über den Song. Er wusste nicht einmal, dass es sich um ein Stück von Bill Withers handelt, er ging fest davon aus, es wäre von Michael Jackson, weil er dessen Version doch einmal im Fernsehen gesehen hatte. Aber „Ain’t No Sunshine“ gefiel dem kleinen Ted, und deshalb bewarb er sich damit für die Position des Sängers in der Schulband. Wer sich Teds neue Single „Lemonade“ anhört – oder, noch besser, das (und die folgenden) Videos anschaut –, wird nicht überrascht von folgender Information sein: Teds Auftritt war ein ziemlicher Abriss. Auf der Bühne wurde aus dem kleinen Shy Guy eine Rampensau. „Das gab mir einen Kick. Es war Adrenalin im Spiel, und ich bemerkte, wie gut mir das gefiel.“ Vielleicht ist es dieser Moment irgendwann Anfang des Jahrtausends, in dem der Samen gesät wurde für die Musik, um die es in diesen Zeilen geht. Denn sie hat mit „Ain’t No Sunshine“ einiges gemein. Sie ist emotional, ohne auch nur in die Nähe von Kitsch zu geraten. Sie ist völlig zeitlos. Und: Sie ist verdammt noch mal richtig geil.

TedLo also. Aufgewachsen im britischen Sommerset, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Die Mutter liebt David Bowie. Der Vater ist Komponist und schenkt dem Sohn schon früh ein Drumkit und eines dieser billigen Plastik-Keyboards, die allerhand Begleitfunktionen besitzen. „Das rechne ich ihm hoch an. Einem Kind ein Schlagzeug zu schenken, das machen wohl die wenigsten Eltern. Das ist doch eine Art der Selbstbestrafung“, sagt er und lacht. Neben erwähntem Talentwettbewerb in der Schule experimentiert Griggs bald mit diesen Instrumenten und seinem ganz normalen Hifi-Equipment herum. Nimmt sich selbst auf, sampelt, verändert Geschwindigkeiten. An seiner Schule – mittlerweile ist aus dem „Ain’t No Sunshine“-Boy ein Teenager geworden – stehen Computer mit Garageband herum. Ohne, dass er es so richtig bemerkt, wird er zum Nerd.

Das Musikstudium in Bristol vertieft diese Tendenzen. Hier lernt Ted nicht nur viele andere Musiker kennen, sondern auch, wie es ist, mit Profi-Material zu arbeiten. Und er beginnt wieder zu singen. „Ich liebte damals HipHop und Dubstep. Also war es für mich ganz natürlich, elektronische Musik zu machen. Gleichzeitig hörte ich aber die Beatles und Jimi Hendrix“, erzählt er. „Kleine, verrückte Statements“, so sagt er heute, nahm er in Bristol auf, wobei da eine gewisse Tiefstaplerei zu vermuten ist: Denn aus diesen kleinen Statements wurde seine erste künstlerische Persona: Als Ted Zed erntete er mehr als nur Achtungserfolge. Der Guardian nahm ihn in seine vielbeachtete „New Band of the Week“-Reihe auf. Radio-One-Legende Zane Lowe fand ebenso warme Worte wie Produzent Dan Carey (Franz Ferdinand, Lilly Allen, Kylie Minogue), der gleich mit ihm dem Jungspund ins Studio ging.

Es ist aber auch so: Als Ted Zed arbeitete Griggs in erster Linie digital. Nicht, dass wir uns missverstehen: Das war ganz und gar großartig und die Lobpreisungen von erwähnten Pop-Größen völlig berechtigt. Als Tedlo geht er aber einen Schritt weiter und baute auch seinen Instrumentenpark um: Dadurch, dass das Analoge mittlerweile ein gleichberechtigter Teil der Musik geworden ist, finden die Songs plötzlich ganz schön weit oben im Game statt.

Eines dürfte klar sein: Von diesem jungen Mann werden wir noch eine Menge hören. Vielleicht ja sogar mal „Ain’t No Sunshine“, das mag er nämlich immer noch sehr gerne.


TedLo:
Lemonade
06.07.2018
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